Klaus Graubner, Architektur Straßen Frankfurt am Main

Galerie 7 – Ausstellung Nr. 16

Angeregt durch "Köln 5 Uhr 30", der großformatigen Softcover Publikation von Chargesheimer (Karl Heinz Hargersheimer), erschienen 1970 im Verlag DuMont Schauberg habe ich etwa 1975 begonnen, die Straßen von Frankfurt am Main zu fotografieren. Die Straßen jener Stadt der Bonner Republik, die sich besonders schnell veränderte, wohin wir 1967 gezogen waren. Die harten, kontrastreichen, weitwinkeligen, ja bisweilen kruden Fotografien des Kölner Künstlers zeigen menschenleere Straßen der Stadt Köln, Absens, in aller Frühe fotografiert, die mich beeindruckten. Mit unverkennbaren Spuren der einstigen schweren Kriegszerstörungen, zeigt sich eine vernarbte Stadt im Run des Wiederaufbaus, einer sich beschleunigenden Zeit, infolge des sogenannten "Wirtschaftswunders".

Frankfurt a.M. hat unter den Städten der Bonner, der heutigen Berliner Republik eine Einzelstellung hinsichtlich seiner städtebaulichen Entwicklung und Veränderung nach den dramatischen Zerstörungen des Bombenkriegs. Mainhattan ist das Attribut, welches man der amerikanischsten Stadt verliehen hat, nicht nur der Hochhäuser wegen, stand doch Eisenhowers Schreibtisch im I.G.-Farben-Haus. Ein Klein-Manhattan also. Für die Architektur der Investoren, häufig verdrängt diese die vielfach geschmähte Architektur des Wiederaufbaus, wird die Zeit ihres Bestandes immer kürzer. Urbanität, die Gestaltung der Stadt, der öffentliche Raum der Stadt mit ständigen Veränderungen ist mehr denn je Sache der Investoren und deren Gewinnabsichten, ausgeliefert dem schnellen Verschleiß permanenter Gewinnoptimierungen des Kapitalismus. 

An der Ecke Junghofstraße / Rothofstraße stand das Esso-Parkhaus mit Esso Tankstelle. Von dessen oberster Parkfläche im Freien, dem Dach, fotografierte ich noch vor neunzehn Jahren, im Jahr 2000, mit der Großformatkamera Nachtaufnahmen (Corporate Identity). Unmittelbar an der besagten Ecke im Parkhaus befand sich die Diskothek des DJ Sven Fäth, das Omen. Zog ich in den 90er Jahren an Sonntagen frühmorgens mit der schweren 13x18 Kamera und Stativ auf der Schulter durch die Stadt, auch durch die Junghofstraße, so hingen dort vor dem Omen auf der Straße noch letzte der Letzten ab. Das Parkhaus wurde abgerissen. An dieser Stelle entstanden neue Bauten entlang der Junghofstraße in Richtung Neue Mainzer Straße, vis a vis der Deutschen Bank. Nun, 2018, nach achtzehn Jahren ihres Bestandes sind diese Architekturen, wie auch die Nachkriegsbauten der Bank, einschließlich dem ersten Hochhaus der Deutschen Bank an der nahezu parallel verlaufenden Großen Gallusstraße der in den Stadtraum geschla-genen großen Breche zum Opfer gefallen. Die mit Fensterreihen gegliederte Fassade der Bank an der Junghofstraße blieb stehen, die wohl den geplanten Neubauten angeklebt wird. Denkmalschutz als Farce. 

Auf diesem Areal des Abbruchs, angrenzend Alte Rothofstraße - Rothofstraße - Junghofstraße - Große Gallusstraße - Neue Schlesinger Gasse werden durch das Großprojekt 4Four u.a. Wohntürme mit hochpreisigen Luxuswohnungen gebaut. In unmittelbarer Nähe zu diesem Areal, an der Ecke Neue Mainzer Straße / Junghofstraße ist vor Jahren bereits ein Wohnturm entstanden. 1996 habe ich das zuvor dort stehende Gebäude noch fotografiert. „Top in Town" war seinerzeit an dem entstehenden Wohnturm zu lesen. Nun, so wird es auch mit den weiteren Wohntürmen werden, um die Luxuswohnungen werden, da, wo oben einige Top sind, unten die Obdachlosen herum streichen, falls sie nicht ganz schnell vertrieben oder weggeräumt werden. „Wohnraum darf nicht Gegenstand von Vermarktung, von Gewinnstreben sein." Das hat jüngst ein Angehöriger der politischen Kaste geäußert. Wie recht der junge Mann hat, der da einen Traum der Gerechten hatte. Und, wie sind DIE, nach bekanntwerden seiner Thesen über ihn hergefallen. Keine Chance für solche Ideen in einem Land, in dem das Wort „sozial" geradezu zum Unwort geworden ist. Natürlich ist es der Zeitgeist der sich in Planung und Gestaltung von 4Four manifestiert. So wird die neu entstehende Architektur bezeichnender Weise von der Goethestraße tangiert, den dort angesiedelten Luxusläden mit Doorman. In einem Schaufenster ist eine grau-blaue Jeans zu sehen, stonewashed, zerrissen im Kniebereich, mehr als 600,00 EUR, dem ist nichts hinzuzufügen. 

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